Kurze Beschreibung (2025–2027)
Der Umfang der globalen Herausforderungen, mit denen unsere Gesellschaften in der Zeit des andauernden Ukraine-Krieges und des Nahostkonflikts sowie angesichts der Proteste, politischer Unruhen und sozialer Spannungen in Südamerika konfrontiert werden, ist noch größer geworden. Gleichwohl bestehen globale ökonomische Interdependenzen fort und politische Allianzen werden neu geschlossen. Dies jedoch, ohne dass das dialogische und diskursive Verständnis der Gesellschaften ausreichend mitwachsen würde, was innen- und außenpolitische Feindbilder und Konflikte oft anheizt (vergleiche Hafez/Grüne 2021, 14). Deswegen wird die Stärkung der Kommunikations-, Dialog- und Diskursfähigkeiten von Studierenden, Graduierten, Promovierenden, Lehrenden/Forschenden in der Konsolidierungsphase der GIP Bogotá – Bydgoszcz – Bayreuth in Forschung, interkultureller Didaktik und partizipativer Lehrpraxis energisch weiter vorangetrieben.
Dabei ist von einem Zusammenhang folgender übergeordneter Strukturgemeinsamkeiten auszugehen: Konfliktpotenziale, Fragmentierungen und Zukünfte. Diese bezeichnen wir als ‚Beteiligungsfelder’, da sie zur partizipativen Diskussion aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen anregen. Konflikte gehen sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene mit einer zunehmenden Emotionalisierung einher, die besonders auch in anonymen „Echokammern” sozialer Medien, aber keineswegs nur dort, Tendenzen der Radikalisierung Vorschub leistet. Kollektives Lernen und sinnvolle Beratschlagung (Deliberation) werden immer schwieriger, während (digitaler) Populismus gedeihen kann (vergleiche Nanz/Taylor/Taylor 2023, 9). Es kommt so zur Fragmentierung der öffentlichen Meinungsbildung (vergleiche Habermas 2022, 11). Dies stellt gerade liberale Demokratien vor zwei große und miteinander verflochtene Herausforderungen, und zwar kommt es a) zu einem Verlust ihrer Fähigkeit, Probleme zu lösen, und b) zu einer wachsenden Kluft zwischen den politischen Eliten und der Bevölkerung beziehungsweise Teilen der Bevölkerung, wie zum Beispiel Studierenden (vergleiche Nanz/Taylor/Taylor 2023, 9). So fand an der Universidad Nacional de Colombia von März bis Juli 2024 der längste Studierendenstreik der letzten zwanzig Jahre statt. Solche Tendenzen der Fragmentierung haben zur Konsequenz, dass ausgerechnet demokratische Systeme womöglich scheitern, wenn es darum geht, bessere Zukünfte beziehungsweise überhaupt Zukunft zu gestalten. Umso dringender ist es, die Fähigkeit zur friedlichen Kompromissfindung im Rahmen partizipativer Beteiligungs- und Entscheidungsprozesse zu schulen.
Das im Rahmen der GIP Bogotá – Bydgoszcz – Bayreuth entwickelte Konzept, das der Erforschung und didaktischen Vermittlung typischer kommunikativer Gattungen und Textsorten von Partizipativer Kommunikation dient, wurde bereits in die germanistischen Studiengänge der beteiligten Universitäten implementiert. Darauf aufbauend soll nun dieses bewährte Konzept dazu genutzt werden, die Beteiligungsfelder hinsichtlich didaktischer Konzepte und fachlicher Inhalte zu bearbeiten. Alle anvisierten Statusgruppen (Studierende, Graduierte, Promovierende, Lehrende/Forschende) sollen dabei befähigt werden, sich mit Konflikten, Fragmentierungen und Zukünften teilhabend auseinanderzusetzen und sich in der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung und -äußerung aktiv einzubringen. Weitere Kompetenzen, die auch im Rahmen der Konsolidierungsphase statusübergreifend gefördert werden sollen, sind zum einen der kritische Umgang mit Wissen und zum anderen die interkulturelle Kompetenz. Der kritische Umgang mit Wissen ist erforderlich, da selbstbestimmte Teilhabe nur in Verbindung mit einer reflektierten Auseinandersetzung mit Narrativen und Sprachformen (hier besonders des Konflikts, der Fragmentierung und der Zukünfte) und einer Entlarvungsfähigkeit von Desinformationen aufgrund von sensibilisierter Sprach-, Text- und Kommunikationsfähigkeit möglich ist. Aufgrund der nötigen Einordnungskompetenz gegenüber eigen- und anderssprachigen Rhetoriken und der globalen Relevanz der behandelten Diskurse im Zusammenhang mit den genannten Beteiligungsfeldern ist eine geschulte interkulturelle Kompetenz der Germanistik-Studierenden im Rahmen der etablierten transkontinentalen Institutspartnerschaft zwingend erforderlich.